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Wie unsere Heimat entstand - ein Ausflug in die Erdgeschichte
Die Gestalt unserer Heimat ist eng verknüpft mit dem Entstehen des zentraleuropäischen Kontinents. Das begann mit der Geburt einer Hochgebirgskette aus dem Meer des Paläozoikums, eines Abschnitts der Erdgeschichte, der von vor 570 bis vor 225 Millionen Jahre dauerte. Besonders gut erhalten sind Spuren dieses Vorgangs im Ostthüringer-Frankenwälder Schiefergebirge, dessen östlichste Ausläufer bis ins Vogtland reichen. Diese Spuren finden wir auch in den Merkmalen des Geotops am Bahnkilometer 9,2: Schichtenfolge, Faltungen, Brüche und Bruchschollenversatz.
Die Weltkugel im Silur Das, was wir als heute als Vogtland kennen, war damals ein Stück Meeresboden auf der Südhalbkugel der Erde. Schicht für Schicht setzten sich hier in Jahrmillionen Stoffe ab, die von fernen Kontinenten abgetragen wurden: Ton, Sand, Glimmer oder Kalk.
Sedimente setzen sich ab Aus abgesetzten Stoffen - den Sedimenten - entstanden wiederum über Jahrmillionen hinweg die schieferartigen Gesteine, deren Schichten quasi die "Jahresringe" des Urmeeres sind. Und weil sich bei wechselnden Umweltbedingungen auch die Zusammensetzung der Sedimente änderte, finden wir heute verschiedenen Schieferarten und Schichtgesteine vor.
eine Geosynklinale bildet sich Aber warum liegen dann die Schichten nicht eben und waagerecht vor uns wie einst der Schlamm am Meeresboden? Der Grund heißt Plattentektonik. Das untermeerische „Vogtland“ lag auf einer Linie, wo sich zwei Platten der Erdkruste berührten. Eine Platte glitt - mit höchstens wenigen Zentimetern pro Jahr - unter die andere.
beim Tiefensog werden die Sedimente gefaltet Die abtauchende Platte riss dabei die Meers-Sedimente mit nach unten. Die gerieten dort mächtig unter Druck und auch die Hitze nahm mit der Tiefe erheblich zu. Deshalb verformte und faltete sich das Sediment. Es bildeten sich Gesteinsfalten im Maßstab von Kilometern bis hinab zu wenigen Zentimetern - oft auch Falten in größeren Faltenstrukturen.
Aufschwimmen des Gebirgskörpers Die Plattenbewegung riß Teile der Erdkruste und Sedimente bis 70 km weit in die Tiefe. Schließlich kam sie zum stehen. Jetzt machte sich bemerkbar, dass die abgesunkenen Gesteinsmassen leichter waren als das sie umgebene Magma. Dessen Auftrieb hob nun den Gesteinskörper an - bis maximal etwa 8 Kilometer über den Meeresspiegel. Die Kilometerzahlen sind keine Zufälle. Es sind natürliche Grenzwerte für alle Gebirge, die nach dem Schema entstehen: zuerst hinabdrücken, dann aufschwimmen.
So entstanden die Varisken, ein zentraleuropäisches Hochgebirge des Erdaltertums, das von den Vogesen bis Polen reichte. Weil dessen Spuren im und um das Vogtland besonders hervortreten, benannte man es nach einem alten Volksstamm im südlichen Vogtland und Hochfranken, den Variskern.
Neben diesen Hauptprozess der variszischen Gebirgsbildung fanden auch noch andere landschaftsprägende Vorgänge statt. Ein für das Vogtland wichtiger "Nebeneffekt" war ein durch durch Risse und Spalten hervorgerufener Vulkanismus. Er führte zu den typischen "Hübel" und "Pöhlen" aus Diabas rund um Plauen und im Burgsteingebiet.
Bruchschollenbildung Vom Druck der Tiefe und Pressgriff der Platten befreit, konnte sich nun der Gebirgskörper abkühlen und unter der eigenen Last entspannen. Es bildeten sich zahlreiche senkrechte Bruchlinien. Das Gebirge brach in große und kleine Schollen auf, die sich gegeneinander versetzten oder kippten. Damit war die Gebirgsbildung abgeschlossen. Bis zum Ende des Paläozoikums - dem Beginn der Saurierzeit - hatten Wind und Wetter die Varisken wieder weit abgetragen. Zurück blieben Rümpfe aus gefalteten Schichtgesteinen, von zahlreichen Bruchlinien durchzogen und in Schollen geteilt.
Die Bodenstruktur heute Von oben durch Verwitterung eingeebnet, wirken die Schichten heute wie abgetrennt. Ähnlich einer angeschnittenen Zwiebel wechseln sich an der Erdoberfläche in Art und Alter verschiedene Gesteinsschichten ab.

Schieferung, Gesteinswechsel, Falten und Bruchschollen - wie sie mehrere Aufschlüsse im mittleren Göltzschtal zeigen - sind also Zeugnisse wesentlicher geologischer Prozesse während des Erdaltertums: dem Entstehen und Einrumpfen eines Bruchfaltenbgebirges.
geologische Übersicht Vogtland So stellt sich heute die Nordvogtländisch-Ostthüringische Landschaft dar: eine flachwellige Rumpflandschaft aus südwest nach nordost gerichtenen Mulden und Sätteln, unterbrochen duch nordwest-südöstlich verlaufenden Bruchlinien und Schollen.

Eine dieser alten Bruchlinien nutzte viel später die Göltzsch, um dort entlang ihr Flussbett einzugraben. Und die schräg abfallende Hochfläche Buchwald - Netzschkau, der sog. „Netzschkauer Halbhorst“, erinnert daran, dass sie einst eine herausgehobene Bruchscholle war. Diese Hochfläche begrenzt heute das mittlere Göltzschtal nach Südwesten.
Als um 1850 bei Netzschkau die Göltzschtalbrücke gebaut wurde, mussten entgegen dem ursprünglichen Plan die beiden Mittelpfeiler auseinanderrücken. Wider allen Erwartens fand man an dieser Stelle selbst in 15 Metern Tiefe keinen tragfähigen Grund. Offenbar trennt hier eine tiefreichende Bruchlinie den „Netzschkauer Halbhorst“ vom nördlichen Gebiet. Solche Bruchschollenstrukturen müssen heute durchaus nicht als verheilt gelten. Das zeigte das Mitteldeutsche Erdbeben am 6. März 1872 am „Geraer Vorsprung“, einer Art großen Bruder des „Netzschkauer Halbhorstes“. Es erreichte immerhin die Stärke 7,5 der MSK-Skala und machte viel Schaden. Sein Epizentrum zwischen Crimmitschau und Schmölln lag an einer dem Standort der Göltzschtalbrücke vergleichbaren Stelle. Die Brücke war seinerzeit schon aus anderen Gründen heftig umstritten. Ob sie wohl auch errichtet worden wäre, wenn die Kritiker von den Bruchzonen im Baugrund gewusst hätten?

 2003

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